Frankfurt am Main Erste Anklage im Awo-Skandal: Verdacht schwerer Untreue

Im Zusammenhang mit der Awo-Affäre wurde erstmals Anklage erhoben: In einem anhängigen Verfahren steht ein 61 Jahre alter ehemaliger Stadtverordneter aus Wiesbaden unter Verdacht, die Geschäftsführerin des Awo-Kreisverbandes Wiesbaden zur schweren Untreue angestiftet zu haben, wie die Frankfurter Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte. Zudem wird seiner 35 Jahre alten Tochter Beihilfe zur Untreue im besonders schweren Fall vorgeworfen. Die Behörde hat gegen die beiden Anklage am Schöffengericht Wiesbaden erhoben.
Worum geht es konkret? Der Kommunalpolitiker soll im Jahr 2016 seine Kontakte zur damaligen Awo-Chefin genutzt haben, um seiner Tochter während ihres Studiums eine Scheinanstellung zu verschaffen. Laut den Vorwürfen hatte die im Berliner Raum wohnende Studentin daraufhin ihre Bewerbungsunterlagen eingereicht und einen Arbeitsvertrag mit der Geschäftsführerin abgeschlossen. Als Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Flüchtlingshilfe sollte sie demnach 2460 Euro brutto bei einer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden verdienen.
Laut den Ermittlungen ging zu diesem Zeitpunkt keiner der drei davon aus, dass die Frau wirklich für den Verband tätig werden würde. "Tatsächlich erbrachte die Angeschuldigte in der Folge bis zur Beendigung des Scheinarbeitsverhältnisses Ende Dezember 2019 keinerlei Arbeitsleistungen", erklärte die Staatsanwaltschaft. In dem Zeitraum verdiente sie den Angaben zufolge allerdings ein Gehalt von knapp 53.100 Euro netto. Für die Arbeiterwohlfahrt entstanden Arbeitgeberkosten in Höhe von insgesamt 105.000 Euro.
Über die Eröffnung eines Hauptverfahrens wird das Wiesbadener Amtsgericht entscheiden. Gegen die Geschäftsführerin des Awo-Kreisverbandes Wiesbaden würden im Zuge des Awo-Skandals gesonderte Ermittlungen laufen, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.
Der Skandal um die Awo-Verbände in Frankfurt und Wiesbaden war 2019 ins Rollen gekommen. Dabei geht es unter anderem um überhöhte Gehälter und Luxus-Dienstwagen bei der Frankfurter Awo sowie ungerechtfertigte Spenden an den mit Frankfurt personell verflochtenen Kreisverband Wiesbaden.