Messerattacke im Bahnhofsviertel Mord als Verzweiflungstat? – Lebenslange Haft gefordert

Ein Mann soll einen Rollstuhlfahrer getötet haben, um ins Gefängnis zu kommen. Die Staatsanwältin sieht Heimtücke und niedere Beweggründe, die Verteidigung widerspricht
Im Prozess um die tödliche Messerattacke auf einen Rollstuhlfahrer im Frankfurter Bahnhofsviertel im März 2024 haben Staatsanwaltschaft und Verteidigung am Dienstag ihre Schlussplädoyers gehalten. Die Staatsanwältin geht von Mord aus und forderte eine lebenslange Freiheitsstrafe für den 30-jährigen Angeklagten. Dieser habe die Tat begangen, um durch eine Inhaftierung aus seiner schwierigen Lebenssituation zu entkommen. Der Mann hatte vor der Tat seine Arbeit verloren und kaum noch Geld.
Als Mordmerkmale sieht die Anklagevertreterin Heimtücke und niedere Beweggründe erfüllt. Laut ihr habe der Mann den Entschluss zu einer schweren Gewalttat gefasst, um sich eine "Vollversorgung" im Gefängnis zu sichern. Er habe laut Ermittlungen im Vorfeld unter anderem im Internet nach Begriffen wie "Gefängnis letzte Rettung" gesucht. Laut der Staatsanwältin lebte der Angeklagte in einer nahezu unmöblierten Wohnung im rheinland-pfälzischen Nastätten. Sie bezeichnete seinen Zustand als "Obdachlosigkeit in der eigenen Wohnung".
Angeklagter stach Opfer mit Messer in den Rücken
Am 7. März 2024 fuhr er mit der Bahn nach Wiesbaden und nahm von dort ein Taxi nach Frankfurt. Dort traf er am Abend auf das spätere Opfer – einen Rollstuhlfahrer, der regelmäßig im Bahnhofsviertel bettelte. Nach einem kurzen Streit sei der Obdachlose zunächst davongerollt, der Angeklagte habe ihn laut der Staatsanwältin jedoch verfolgt. In einer Passage soll er dann ein Küchenmesser aus dem Rucksack gezogen und dem Mann mehrfach in den Rücken gestochen haben.
Das Opfer starb später in einer Frankfurter Uniklinik. Der Tatverdächtige wurde festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft. Im Prozess äußerte er sich nicht zu den Vorwürfen. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt wird am Freitagmorgen (8.30 Uhr) erwartet.
Der Verteidiger des Angeklagten wies die Mordvorwürfe zurück und plädierte auf Totschlag. Seiner Darstellung nach handelte es sich nicht um eine geplante Tat, sondern um eine spontane Reaktion auf einen "empfundenen Angriff". Der Rollstuhlfahrer habe den Angeklagten bedroht, dieser habe sich aufgrund seiner "psychischen Ausnahmesituation" in einer gefühlten Notwehrsituation befunden und daher zugestochen. Einen Tötungsplan, um ins Gefängnis zu kommen, gebe es nicht. Er forderte eine Freiheitsstrafe zwischen fünf und sieben Jahren.
- Mit Material der Deutschen Presse-Agentur
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